Ruth May entnimmt ihre Bildelemente unterschiedlichen kulturellen Kontexten und fügt sie in einem mehrstufigen Arbeitsprozess zu neuartigen hybriden Objektbildern. Vielen ihrer Bilder legt sie Figurendarstellungen alter Meister zugrunde – Verkörperungen weltlicher oder religiöser Macht. Sie beschäftigt sich dabei insbesondere mit Gewändern oder Rüstungen und deren räumlicher Inszenierung im zweidimensionalen Bild. Der menschliche Körper tritt in Mays Zeichnungen allein in der Verhüllung auf, Oberflächen verweisen auf das nicht sichtbare Innere der Figuren. Um eine subtile Verschränkung von Form und Inhalt zu erreichen, werden Zeichnungen, die zuerst als Tusche- beziehungsweise Aquarellblätter vorliegen, immer wieder eingescannt, am Computer überarbeitet, auf unterschiedliche stoffliche Untergründe gedruckt, neu überarbeitet und kombiniert. Der bedruckte Stoff referiert sowohl auf die Haut als Körperhülle mit ihren Falten, Narben und Tattoos, als auch mit seinen Faltenwürfen auf den verhüllten, abwesenden Körper. Das Gewebe, das Räumlichkeit bereits in sich trägt, wird so selbst zum Medium der Darstellung.
Quelle: kunstaspekte.art